Testing Ground

Oh, Onkyo! — Der Slimline-Receiver TX-20 [Klassiker]

Mit dem schicken Slimline-Receiver TX-20 konnte Onkyo in den frühen 80er-Jahren punkten. Top-Design und ein gutes Radio wussten zu gefallen.

Um 1980 machte sich der Autor auf, bei Radio Ring in seiner Heimatstadt Aachen seine erste eigene Anlage zu kaufen. Mit 14 war man zwar sehr belesen und maß sein Fachwissen gern mit dem der Verkäufer, aber mit langjähriger Erfahrung konnte man selbstredend nicht glänzen. Und so kam es, dass der Experte Bernd Schiffer die von mir aus Testsiegern zusammengestellte Kette ein wenig modifizierte, nein, gestehen wir es ruhig, zerpflückte. Aus dem bei einem guten Kumpel liebgewonnenen Technics SA-300 wurde ein ultraflacher Stereo-Receiver Onkyo TX-20 (800 DM), der Dual CS-714Q mutierte zum Thorens TD 115 (650 DM) und die Canton GLE-70 vom Zettel mussten Ecouton MRB/MRL 70 weichen, wobei ich mit heutigem Wissen nicht sagen werde, was die Abkürzungen MRB/MRL damals intern bedeuteten. Aber Schiffer ermutigte mich mit einem ausgiebigen Hörtest, mir die Boxen auszusuchen, die am nächsten an die besten im Laden – das waren für seine wie auch meine musikalisch geschulten Ohren damals große Spendor – heranreichten. Heraus kamen bei gegebenem Budget von 800 DM genannte Ecouton.

Der viel zu früh verstorbene Fachhändler Schiffer blieb mir ebenso wie diese Vorgehensweise in bester Erinnerung und beeinflusste noch posthum vor kurzem die Wahl meines Wohnzimmer-Verstärkers, als ich mich aus dem reichlichen Vintage-Fundus für einen fetten Onkyo A-7090 entschied, den auch er in den frühen 80er- Jahren “anstelle einer keineswegs besseren Yamaha-Verstärker-Kombi C2/M2″ in heimischen Gefilden betrieben hatte. Das gute, fast 40 Jahre alte Ding spielt in der Tat groß und druckvoll, noch immer grandios etwa bei Spielfilmen.

Slimline-Design

Aber zurück zu meinem damaligen Onkyo, der praktisch einer der ersten, wenn nicht der erste “Slimline”-Receiver auf dem Markt war. Ich kann mich daneben noch an optisch ähnliche Kaliber von Kenwood und Optonica (Sharp) erinnern, aber so puristisch, mit Schlitz für die Sendersuchleiste und einer cleveren Klappe für die weniger benötigten Bedienelemente, war kein anderer. Okay, die Klangregelung war nur mit spitzen Fingern bedienbar, aber es sah top aus. Jedenfalls hatte Onkyo einen mit 2x30/50 Watt an 8/4 Ohm recht ordentlich motorisierten Verstärker- und einen noch besseren Radioteil in das optisch wie haptisch designpreisverdächtige, massive Alugehäuse gepackt. Der Autor – ich – war jedenfalls glücklich.

Technisch interessant war beim Tuner der “Servo-Lock”, der bei Berührung des Sendersuchlaufknopfes den Sender freigab und beim Loslassen des Knopfes auf Klirrminimum fing und dort mit Quartzpräzision verriegelte. Dazwischen unterdrückte der Onkyo unerwünschte und lästige Suchgeräusche ziemlich prima. Empfindlichkeit und Trennschärfe waren bei diesem Gerät – wie bei Onkyo üblich – durchaus an europäische Gegebenheiten angepasst, sprich: gut, wenn nicht sehr gut. Genanntes “Servo Lock” beeindruckte so nachhaltig, dass auch das damalige Onkyo-Spitzenradio T-4090 seit langem in unserem Haushalt Dienst tut.

Endstufenbaustein

Selbstredend waren die im TX-20 verwendeten, analogen STK-Endstufenbausteine von Sanyo durchaus brauch-, aber eben auch alles andere als unschlagbar. Während bei uns daheim schon der Luxman L-1 des jüngeren Bruders und wenig später der erste ungeachtet 14 Kilogramm Masse quer durch die Kaiserstadt geschleppte (!) Sansui-Vollverstärker namens AU-D9, dem flachen Receiver klanglich locker die Rücklichter zeigten, schrieb er doch Design-Geschichte. Der aktuelle Onkyo TX-L20D hat übrigens außer dem Slimline-Design nichts mit seinem Urahnen zu tun.

Auch Onkyo selbst hatte ein Einsehen. Der 200 DM teurere, ein Jahr später präsentierte TX-30, äußerlich immer noch recht schick, aber schon ein wenig inkonsequenter, kam mit Super Servo-DC-Endstufe, also einer niederfrequenten Gegenkopplung, deutlich mehr Schub (2x40/70 Watt) und Synthesizer-Tuner mit Stationsspeichertasten deutlich aufgewertet daher. Das Gewicht legte aufgrund dünnerer Wände nur von 7,2 auf 7,8 Kilogramm zu. Merkwürdigerweise geriet das Netzkabel deutlich dünner. Sparzwang?

Dem lobenswerten Design des TX-20 folgten noch Verstärker A-15/A-25 und Tuner T-15/T-25 und ein wenig der im HiFi-Sinne eher mäßige “Casseiver” CX-70 mit eingebautem Tapedeck.

Meinen TX-20 hat übrigens ein anderer, unvorsichtiger Aachener HiFi-Händler auf dem Gewissen, der bei einem Hausbesuch meinte, die Cinchstecker bei laufender Musik aus dem Receiver ziehen zu müssen. Seitdem hatte der Onkyo nicht mehr immer Lust zu musizieren, er legte vielmehr ungewollte Pausen ein. Ich hätte besagtem Händler stimmungsbedingt an die Gurgel gehen können. Stattdessen musste aber irgendwann der Receiver gehen, ein befreundeter Radio/Fernseh-Techniker machte sich den wieder fit.

Es war die Hochzeit der High Fidelity. Unter uns im Zwei-Familienhaus wohnte damals ein promovierter Philips-Entwickler aus dem Aachener Forschungslabor, der sich zu meiner Freude die pechschwarze 180/280/380-Kette von Philips gönnte, die ich bis heute auch für eine ausgezeichnete Wahl halte. Aber das ist dann doch wieder eine andere Geschichte...

Links

www.hifi-wiki.de/index.php/Onkyo_TX-20

www.hifiengine.com/manual_library/onkyo/tx-20.shtml

www.radiomuseum.org/r/onkyo_tx_20.html

www.hifi-wiki.de/index.php/Onkyo_TX-30