Editor's Picks

Album der Woche: Fortuna Ehrenfeld — “Universum”

Kaum ein Jahr nach ihrem letzten Album “Glitzerschwein” legen Fortuna Ehrenfeld wieder einen drauf und veröffentlichen ihre 31-Tracks reiche Megaplatte “Universum”.

Gerade einmal dreizehn Monate ist es her, dass wir uns mit Martin Bechler zu einem Interview über sein damals kürzlich erschienenes Album Glitzerschwein unterhalten haben, welches übrigens nur eineinhalb Jahre nach Solo I veröffentlicht wurde und insgesamt das achte seiner Karriere darstellt — abgesehen von zahlreichen Kollaborationen, Nebenprojekten und Live-Aufnahmen. Auf die damalige Frage, woher diese Produktivität kommt, antwortete Bechler ganz entschieden: “Ich muss dazu sagen, dass mir das Gerede von diesen ganzen Marktforschungsleuten auf die Nerven geht. Denn ich zügle mich sowieso schon. Wir bringen nur deshalb nicht mehr Alben heraus, weil immer jemand sagt: ‘Du darfst den Markt nicht überhitzen’.

Gesagt, getan. Anstatt beispielsweise mal einen Gang runterzufahren, legen Fortuna Ehrenfeld noch zwei drauf. Nach einem weiteren Soloalbum Solo Live Anfang des Jahres und einer erfolgreichen Tournee, schließen sich Bechler, Leonie Geisler und Jannis Bentler für zwölf Tage in der Abgeschiedenheit des legendären Haldern Studios ein, um gleich ein Dreifach-Album aufzunehmen, das den bescheidenen Namen Universum trägt. “Schau dir das an”, sagt Bechler in seiner Pressemitteilung, “wer zum Teufel hat sich das ausgedacht? Das ganze Universum ist einfach nur da hingerotzt. Keiner blickt mehr durch und wir müssen den Schlamassel jetzt ausbaden.”

Und der Name ist Programm! Auf insgesamt 31 Tracks erwartet uns der gesamte musikalische, lyrische und philosophische Kosmos der eingeschworenen Freigeister aus Köln, die die wichtigen und unwichtigen Dinge des Lebens hinterfragen. Dabei entsteht ein beachtliches Sammelsurium aus großer Poesie, Dada und Krawall, gepaart mit einer Prise Melancholie, wie wir es von den Fortunauten kennen und lieben. Die Opener-Ballade Die Sonne so rot führt zuerst auf eine vermeintlich ruhige und tiefgründige Fährte, doch bereits beim dritten Track San Francisco Candy Boy können wir die ersten Funken des Irrsinn erahnen.

Zwischen ruhigen Balladen à la Leonard Cohen, wie Barfussmädchenseele oder Ich hab bei den Wölfen geschlafen blitzen hier und dort Dance-Hits mit Dubstep-Vibe (Bring back the Noise, Die Bois mit der Let’s-go-Maschine) hervor. Ergänzend entdecken wir größte Heinrich Heine-Prosa in Songtexten wie “Come on Cowboy, sei nicht traurig / Das ist ein altes Stück / Hier vorne geht sie unter / und kommt von dort zurück / Du dumme Sau” (aus Fuzzi Fuzzi Cowboy) oder banale Alltagsgeschichten, verpackt in ein Polka-Gewand, wie bei Wir sitzen hier und schlabbern Aperol. Eine The Police-Hommage auf Hol die Polizei darf dabei auch nicht fehlen. Die Suche nach einer universellen Antwort auf alle Fragen bleibt offen — es war wahrscheinlich auch nie die Intention von Martin Bechler und seinen Mitstreitern und Mitstreiterinnen, diese zu beantworten.

Fortuna Ehrenfeld haben sich in den letzten Jahren ihren festen und einzigartigen Platz in der deutschen Indie-Musiklandschaft geschaffen, aus dem sie heute nicht mehr wegzudenken sind. Wer es sich mit ihnen aufnehmen möchte, kann sich warm einpacken, denn sicherlich gibt es aus diesem Fortunaten-Universum noch so einiges auszuschöpfen…