2018 trat Sylvie Kreusch mit dem Projekt Warhaus, das von ihrem Lebensgefährten, dem Musiker Maarten Devoldere gegründet wurde, ins Rampenlicht. Irgendwo zwischen Leonard Cohen und dem glamourösen und dekadenten Duo Jane Birkin/Serge Gainsbourg angesiedelt, war das Album We Fucked a Flame Into Being eine Ode an die Liebe, “an ihre Exzesse und ihre Vergänglichkeit”. Im selben Jahr hatte Kreusch einen bemerkenswerten Auftritt auf der Pariser Fashion Week mit einem sehr ikonischen Video, das um die Welt gehen sollte (Seedy Tricks, gedreht für die Azzaro Couture-Kollektion). Ob bei Warhaus oder bei einer Modenschau, die junge Sängerin mit flämischen Wurzeln enthüllt nach und nach ihre Besessenheit für Theatralik und Träume. Ein bisschen wie ihr Landsmann, der surrealistische Maler Paul Delvaux. Im Jahr 2021 veröffentlichte sie ihre erste Soloplatte Montbray, in der sie das Zerbrechen von Beziehungen aus einem dramatischen und mysteriösen Blickwinkel beleuchtet.
Vier Jahre nach diesem erfolgreichen Versuch veröffentlicht Sylvie Kreusch nun Comic Trip, ein zweites Album, das erneut die hypnotisierende Kraft ihrer Lieder inmitten eines Mahlstroms von Einflüssen hervorhebt. In Hocus Pocus zitiert sie in der Einleitung zu einer John Barry-Melodie sogar einen berühmten Song von Screamin’ Jay Hawkins, um ihr Projekt zu erläutern: “Baby, I put a spell on you”. In einem Interview verriet Kreusch, dass ihr Lieblingskleidungsstück der Mantel von Maria Schneider in Der letzte Tango in Paris sei. Ihre Lieder funktionieren ein bisschen wie dieser weiße Retro-Pelz, der so dick wie eine schützende Stola ist. Sie umhüllen uns mit einer Wärme, die an den Pop-Gainsbourg der 1960er Jahre (Comic Trip) oder den Lou Reed von A Perfect Day (das Klavier in Sweet Love (Coconut)) erinnert. B-52′s und Stereolab gehören ebenfalls zu ihren Einflüssen.
Sylvie Kreuschs Welt ist eine einzigartige Szenerie, in der Traum und Wirklichkeit miteinander verschmelzen. Selbst wenn das Tempo schnell ist (wie in Ding Dong mit seinem metronomischen Keyboard), bewegt sich die Sängerin in einer Traumwelt, in der es um das Ende einer Beziehung (Final Hour) oder um Auswege aus einer trostlosen Realität geht. In der Folkballade Daddy’s Selling Wine in a Burning House wird die schleppende Stimme der Sängerin von hohen Klaviertönen und einem engelsgleichen Chor begleitet, die das Stück in eine Welt voller Sterne katapultieren. Kreusch bietet auch ein Interlude, in dem eine elektrische Gitarre und eine Mundharmonika uns in einen imaginären melancholischen Western versetzen. In Ride Away ist die Atmosphäre ebenso filmisch, mit einem Jazz-Klavier-Solo neben einer Surf-Rock-E-Gitarre. Das Stück endet mit dem halligen Fade-out, in dem sich Sylvie Kreusch als Cowgirl projiziert, das in die Dämmerung galoppiert, auf die Hochebenen ihrer Träume.