Der Techno – entstanden in den 80ern in Detroit und geprägt durch Juan Atkins, Kevin Saunderson, Derrick May und Co., verbreitete sich Anfang der 2000er Jahre wie ein Lauffeuer in den europäischen Großstädten. Berlin mit dem Label Basic Channel, Gent und London mit R&S Records sowie Paris mit F Com schlossen sich an, und die wichtigsten Clubs öffneten ihre Türen für ein immer größer werdendes Techno-Publikum.
Techno, House und Drum’n’Bass hallten bald bis nach Tokio und erreichten dort Label wie Deka Traxxx, das von der japanischen Musiklegende Shin Nishimura geführt wurde. Er war es, der dem damals noch völlig unbekannten Chizawa Q eine Chance für seine ersten Produktionen gab, die später für Aufsehen bei F Com und seinem jetzigen Label R&S Records sorgten. Hier fand er schließlich sein Zuhause: Unter dem Label R&S veröffentlichte er bereits 2006 Lost Asia, eine EP mit vier Titeln und einem martialisch-souligen Signature-Sound, der an Underground Resistance, Jeff Mills, Carl Craig und Kenny Larkin erinnert und ganz offen vom Detroit Techno der 90er Jahre inspiriert ist.
Dann verschwand Chizawa Q aus der Technowelt – um hinter den Kulissen an anderen Projekten und Kollektiven zu arbeiten – bis R&S ihm fast zwei Jahrzehnte später mit einem Remix des ursprünglichen Titeltracks von Lost Asia die Gelegenheit für ein Reboot bot. Ganz seinen elektronischen Wurzeln verbunden geblieben, erinnert der Track Panther von der EP sofort an DJ Rolandos Jaguar aus Zeiten von Underground Resistance.
Es ist eben diese Verbundenheit zum Geist des originalen 90er-Jahre-Techno, dieser industrielle und futuristische, aber zugleich motorisierte und soulige Sound, der auch Chizawa Qs erstes Soloalbum Xenoverse durchdringt. Er selbst beschreibt sein Debütwerk als “Soundtrack eines noch ungeborenen Universums, das einem Science-Fiction-Film gleicht, der Erinnerungen an eine Welt wachruft, die wir nie gekannt haben” – eine passende Beschreibung, die auch direkt von Techno-Urgestein Jeff Mills stammen könnte.
Tracks wie Planet 9 oder das retro-futuristische God Is Blue unterstreichen diese Einordnung von Xenoverse in die Welt des nostalgischen 90er-Jahre-Detroit-Techno. Nicht zu vergessen das pulsierende Beluga, ein großartiger Technotrack im 90s-Stil, inspiriert von der Energie Joey Beltrams, und voller Jazzpiano-Sequenzen mit dystopischen Zügen – eines der Markenzeichen des Detroit-Techno.
Chizawa Q kennt sein Handwerk ausgezeichnet und zeigt ganz nebenbei sein Talent als Sounddesigner, mit einem gut geölten Kick- und Bass-Paar, das die Hörer und Hörerinnen sofort in die Tracks hineinzieht. Das fusioniert besonders gut auf dem tribalen, klavierlastigen Track Psychedelia, was ihm einen Swing à la Ray Manzarek verleiht. Gegen Ende der Tracklist zeigt der erfahrene Produzent, dass er sich auch im Breakbeat wohlfühlt, zum Beispiel mit Black Nebula oder dem Remix von Cozmic Flowers (im Original von der Tokioter Drum’n’Bass-Figur Makoto Shimizu). Ein rundum gelungenes Album, das Chizawa Qs Karriere in der internationalen elektronischen Musikszene endgültig in Gang bringen wird!