Bayern und Österreich: Alpenländisches Adventsingen
Adventssingen mit Zither, Hackbrett und Bläserensembles ist tief in der bayerischen und österreichischen Weihnachtskultur verwurzelt. Auch Hirtenlieder wie der Andachtsjodler oder das mundartliche Heidschi Bumbeidschi sind für die Alpenregion typisch.
Im österreichischen Salzburg ist zudem ein unentbehrlicher Weihnachtsklassiker geboren, der seit seiner Entstehung in viele andere Sprachen übersetzt wurde: Stille Nacht, heilige Nacht ist eines der bekanntesten Weihnachtslieder der Welt und gilt als Inbegriff des Weihnachtsbrauchtums im deutschen Sprachraum. Es erklang am 24. Dezember 1818 erstmals in der römisch-katholischen Kirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg, wo heute die Stille-Nacht-Kapelle steht. Die Melodie stammt von Franz Xaver Gruber, während der Text von Joseph Mohr verfasst wurde. Seitdem wurde das Lied in 320 Sprachen und Dialekte übersetzt und wird heute weltweit gesungen, so dass die UNESCO das Lied 2011 als immaterielles Kulturerbe Österreichs anerkannte. Von den ursprünglich sechs Strophen sind in der heute verbreiteten Fassung weitgehend nur die erste, zweite und letzte Strophe geblieben.
Für die bayerischen Feinschmecker dürfen zu Weihnachten Spezialitäten wie Lebkuchen, Stollen und Dampfnudeln mit Vanillesoße nicht fehlen und auf Christkindlmärkten wird Glühwein oder Feuerzangenbowle angeboten.
Schwaben: Krippenmusik und Hirtenlieder
Die Weihnachtszeit im Schwabenland ist geprägt von einer musikalischen Tradition, die insbesondere in den Hirtenliedern und der sogenannten Krippenmusik Ausdruck findet.
Hirtenlieder wie Zu Bethlehem geboren oder Kommet ihr Hirten erzählen von der Freude der Hirten über die Geburt Christi. Sie verbinden sakrale Botschaften mit volkstümlichen Melodien und sind dadurch leicht zum Mitsingen, was sie zu einem wichtigen Bestandteil von Weihnachtsgottesdiensten macht.
In Schwaben werden die Hirtenlieder häufig im Rahmen von lebendigen Krippenspielen auf Weihnachtsmärkten, Kirchen oder in historischen Höfen vorgetragen, bei denen die Weihnachtsgeschichte mit Schauspiel, Musik und Gesang inszeniert wird. Traditionell werden sie von Zither, Hackbrett oder einfachen Geigen begleitet, was den volkstümlichen Charakter unterstreicht, aber auch Flöten und Drehleiern kommen häufig zum Einsatz, insbesondere bei Aufführungen, die sich auf historische Authentizität konzentrieren.
Schwäbische Maultaschen, Springerle (Anisgebäck) und Ofenschlupfer (süßer Auflauf mit Äpfeln) dürfen zu Weihnachten im Schwabenland auf keinem Tisch fehlen.
Norddeutschland: Maritimer Weihnachtsklang
Nach einem Blick in den Süden Deutschlands schauen wir nun gen Norden, in dem vielerorts auch heute noch Plattdeutsch gesprochen oder zumindest verstanden wird. Weihnachtslieder wie Wi sünd mitten in de Wiehnachtstied oder De Wiehnachtsmann hett sin Müt verlor’n spiegeln die maritime Kultur und die humorvolle Seite norddeutscher Weihnachtsbräuche wider und durch das regionaltypische Plattdeutsch, erhalten sie ihren besonderen Charme.
Die Texte sind weitgehend irdisch und greifen Themen des Alltags auf, wie die winterliche Atmosphäre an der Küste oder lustige Begebenheiten rund um den Weihnachtsmann. Wi sünd mitten in de Wiehnachtstied beschreibt beispielsweise die simple und für jeden nachvollziehbare Vorfreude auf Weihnachten.
Die norddeutschen Weihnachtslieder werden häufig von Shantychören vorgetragen, die traditionell aus der Seemannskultur stammen und bekannt für ihre kräftigen Stimmen mit mehrstimmigen Arrangements sind, die den Weihnachtsliedern eine besondere maritime Note verleihen, wobei der Gesang oft von Instrumenten wie Akkordeon oder Gitarre begleitet wird.
Besonders in norddeutschen Städten und an der Küste, wie in Hamburg, Bremen oder auf den Ostfriesischen Inseln, sind solche Aufführungen ein beliebter Teil der Adventszeit. Traditionelle Weihnachtskonzerte mit Shantychören finden häufig auf Weihnachtsmärkten, in Kirchen oder sogar in Hafengebieten statt, wodurch eine besondere Verbindung zwischen Seefahrertradition und weihnachtlicher Stimmung geschaffen wird.
Typische Wintergerichte wie Grünkohl mit Pinkel, Labskaus und Friesischer Weihnachtstorte runden das Weihnachtserlebnis für alle norddeutschen Schleckermäuler ab.
Erzgebirge: Bergmännische Weihnacht
Die Weihnachtszeit im Erzgebirge im Süden Sachsens ist untrennbar mit der Geschichte und Kultur des Bergbaus verbunden. Die Tradition der bergmännischen Musik ist ein zentraler Bestandteil dieser Zeit und wird durch Bergmannschöre und Bläsergruppen lebendig gehalten. Diese musikalischen Darbietungen, oft im festlichen Rahmen von Paraden, Adventskonzerten oder Gottesdiensten, schaffen eine ganz besondere Atmosphäre.
Vom Himmel hoch, da komm ich her, das Martin Luther um das Jahr 1535 der Legende nach für die Bescherung seiner eigenen Kinder in Leipzig schuf, zählt wohl aufgrund der geografischen Nähe noch heute zu den meistgesungenen Liedern im Erzgebirge und spiegelt die besinnliche Stimmung der Weihnachtszeit wider. Weitere Lieder wie das traditionelle Steigerlied oder Die Nacht ist vorgedrungen, knüpfen an die bergmännische Geschichte an, indem sie Hoffnung, Glaube und Gemeinschaft thematisieren.
Viele dieser Stücke werden in mehrstimmigen Chorsätzen oder von Blechbläserensembles gespielt, bei der historische Instrumente wie die Bergmannstrompete zum Einsatz kommen, was ihnen eine kraftvolle und zugleich feierliche Wirkung verleiht.
Höhepunkte der bergmännischen Weihnachtszeit sind die traditionellen Bergparaden und Lichterfeste, bei denen Chöre und Bläsergruppen in historischen Uniformen auftreten. Diese musikalischen Darbietungen ziehen Besucher aus aller Welt an, die das Erzgebirge für seine einzigartige Verbindung aus Geschichte, Brauchtum und stimmungsvoller Weihnachtsmusik schätzen.
Neben der musikalischen Überlieferung ist das Erzgebirge vor allem für das Räuchermännchen bekannt, das über seine Grenzen hinaus zum Bestandteil der typisch deutschen Adventsdekoration geworden ist, und kulinarisch kommt zur Weihnachtszeit im Erzgebirge wohl niemand an einem Christstollen mit Rosinen, Mandeln und Zitronat vorbei. Mit seiner Puderzucker-Hülle soll er das in weiße Tücher gewickelte Christkind symbolisieren. Die Pulsnitzer Pfefferkuchen, eine besondere Art des Lebkuchens und das Neunerlei, ein neungängiges Festmahl (dessen Inhalt variieren kann), runden die Erzgebirgischen Weihnachtstraditionen ab.
Rheinland: Nikolaus- und Krampusmusik
Im Rheinland gehört die musikalische Begleitung von St. Martins- und Nikolausumzügen zu den fest verankerten Bräuchen der Vorweihnachtszeit, die streng genommen mit dem Martinstag, dem 11. November beginnt, zu dem sich Kindergruppen zum Laternelaufen treffen. Neben den Hochgesängen auf den heiligen St. Martin von Tours, einem römischen Soldaten, der durch seine Nächstenliebe berühmt wurde, werden zu diesem Anlass mitunter auch Lieder gesungen, die die Vorfreude auf den nahenden Nikolaustag ausdrücken, wie Lasst uns froh und munter sein oder Kling, Glöckchen.
Der Gesang der Umzüge lebt von der rhythmischen Unterstützung durch Trommeln, die bei den Umzügen das Schreiten der Teilnehmer betonen, sowie Fanfaren und Bläserensembles, die dem Ereignis eine feierliche Note verleihen. Diese Instrumente knüpfen an mittelalterliche Traditionen an, die in rheinischen Karnevalsumzügen ebenfalls eine Rolle spielen
Im Rheinland gibt es neben der Nikolaus-Tradition auch Elemente des Krampus-Brauchtums, das seinen Ursprung im alpinen Raum hat, aber zunehmend in rheinischen Dörfern und Städten aufgegriffen wird. Krampus, als Gegenspieler vom Nikolaus, der unartigen Kindern Angst einjagen soll, wird als Figur oft von trommelnden oder scheppernden Klängen begleitet, die das düstere, mystische Element unterstreichen.
Aachener Printen, Mutzenmandeln und Spekulatius sind die typischen Weihnachtsleckereien, die man auf jedem Weihnachtsmarkt im Rheinland findet und zu Glühwein oder Apfelpunsch genießen kann.
Thüringen: Chöre und Orgelklänge
Thüringen ist bekannt für seine reiche musikalische Tradition und prägt die Weihnachtszeit vor allem durch Chormusik und die besonderen Klänge historischer Orgeln. O du fröhliche wurde 1816 vom Geistlichen Johann Daniel Falk in Weimar geschrieben und gilt als einer der wichtigsten musikalischen Beiträge Thüringens zur Weihnachtszeit. Maria durch ein Dornwald ging, das seinen Ursprung im historischen Eichsfeld hat, einer Region, die sich im heutigen Nordens Thüringens befindet, war ursprünglich ein Wallfahrtslied, dessen Melodie aus dem Mittelalter stammt, im 19. Jahrhundert mit Text veröffentlicht wurde und sich ab dem frühen 20. Jahrhundert zu einem typischen Adventslied entwickelte, das oft von Thüringer Chören aufgeführt wird - mit ruhigen, getragenen Melodien, die die Besinnlichkeit der Vorweihnachtszeit unterstreichen.
Im Bereich der Klassik kommt zu Weihnachten natürlich niemand an Bachs Weihnachtsoratorium vorbei, das 1734 uraufgeführt wurde. Thüringens historische Orgeln finden sich in vielen kleinen Dorfkirchen und großen Kathedralen und geben noch heute Werke von Johann Sebastian Bach, der viele Jahre in Thüringen tätig war, zum Besten.
Als Delikatessen zur Weihnachtszeit finden sich in Thüringen natürlich die berühmte Rostbratwurst, Klöße mit Gänsebraten und Baumkuchen aus Erfurt.